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6. internationale Tagung der „European Society for the Study of Western Esotericism” in Erfurt

20. Mai 2017
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Im Erfurter Augustinerkloster findet vom 1. bis 3. Juni die 6. internationale Tagung der „European Society for the Study of Western Esotericism” statt. Dazu werden rund 150 Teilnehmer aus aller Welt zu mehr als 110 Vorträgen erwartet. Die Tagung wird in enger Zusammenarbeit mit der Kollegforschergruppe „Religiöse Individualisierung in historischer Perspektive“ am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt organisiert. Denn „westliche Esoterik“ kann auch als Individualisierungsphänomen interpretiert werden, sodass vielfältige Synergieeffekte zwischen der internationalen Esoterik- und der Erfurter Individualisierungsforschung zu erwarten sind.

In nahezu jeder größeren bundesdeutschen Stadt gibt es Esoterik-Läden, die nach Räucherstäbchen duften und tibetische Klangschalen, Energie-Pyramiden, wirkmächtige Edelsteine, indianische Traumfänger oder Buddha-Statuen anbieten, während im Hintergrund Musik zur Chacra-Heilung oder Unterstützung der Einkaufstrancereise läuft. Die Regalmeter sind in zahlreiche Unterkategorien gegliedert und angefüllt mit esoterischer Fachliteratur, die verborgene Wahrheiten offenbart oder ritualpraktische Anleitungen zur Optimierung des Lebens bereitstellt. Allerorts gibt es Esoterik-Messen und auch das Literaturangebot in dieser Sparte ist kaum überschaubar. Esoterik ist populär, ja, so allgegenwärtig geworden, dass Forscher sie heute nicht mehr als Marginalie am Rand der Gesellschaft oder des religiösen Spektrums untersuchen, sondern nur noch als kulturell-hybrides Mischprodukt. Warum Esoterik in der westlichen Welt so populär geworden ist, ist nicht leicht zu beantworten, und hängt schon damit zusammen, dass es heute kein ernstzunehmender Esoterik-Forscher mehr schafft, Esoterik zu definieren. Hatte die ältere Forschung noch versucht, Esoterik als „verzauberte Weltsicht“ zu konzipieren, sieht die aktuelle Forschung in Esoterik vielmehr eine Restkategorie für „verdrängtes Wissen“, mit dem gesellschaftliche Akteure umstrittene Wissensformen und Praktiken (z.B. Hermetik, Kabbala, Astrologie, Alchemie, Magie, u.a.) wahlweise auf- oder abwerten. Eine genaue Bestimmung des Feldes und seiner Ränder ist dadurch freilich nicht mehr möglich, aber es zeigt sich immerhin, dass das Feld des Ausgegrenzten in permanenter Bewegung ist: Hätte man vor 50 Jahren ein gesteigertes Interesse für Hatha-Yoga noch jugendlichen Protestbewegungen um das angeblich anbrechende Aquarius-Zeitalter zugeschrieben („New Age“), sind Yogazentren heute selbst in nordbayerischen Gemeinden derart integriert und gleichsam „Mainstream“ geworden, dass sie kaum mehr als „esoterischer Fremdkörper“ der westlichen Welt gesehen werden können.

„Ein wesentliches Ziel der Tagung in Erfurt ist es nun, eine nuanciertere Perspektive auf den ‚Grad der kulturellen Akzeptanz oder Ausgegrenztheit‘ mit Blick auf westliche Esoterik zu entwickeln“, sagt Dr. Bernd-Christian Otto, Organisator der Veranstaltung. „Und dabei werden wir auch ältere Forschungsperspektiven, die zu pauschal argumentiert oder die historischen Veränderungen nicht ausreichend berücksichtigt haben, auf den Prüfstand stellen.“