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Viel hilft viel? Demokratische Krisen und radikaldemokratische Antworten

16. Januar 2017
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Am 17. Januar 2017 wird von PD Dr. Martin Nonhoff im Rahmen der gemeinsamen Ringvorlesung von Fachhochschule und Universität Erfurt “Viel hilft viel? Demokratische Krisen und radikaldemokratische Antworten.“ thematisiert. Beginn ist 18 Uhr im Festsaal des Erfurter Rathauses, der Eintritt ist frei.

Es scheint nicht verwegen, von einer Krise der liberalen Demokratie zu sprechen: So spielt etwa der ungarische Ministerpräsident Orban mit dem Gedanken einer „illiberalen Demokratie“ und in der Türkei landen reihenweise Journalisten, Intellektuelle und Politiker, welche die liberale Demokratie zu verteidigen suchen, im Gefängnis. In Polen wird die Institution eines unabhängigen Verfassungsgerichts systematisch untergraben, und in den USA kündigt ein (letztlich siegreicher) Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf an, das Wahlergebnis nur anzuerkennen, wenn er die Wahl gewinnt. Diese Ereignisse verknüpfen sich mit einer in vielen Staaten zunehmenden Skepsis, ob die liberale Demokratie, gegründet auf Rechtstaatlichkeit, Menschen- und Minderheitsrechte, noch die erstrebenswerteste Regierungsform darstellt. Eine verbreitete Antwort auf solche Krisenkennzeichen ist, gerade auch unter populistischen Bewegungen (aber keineswegs nur dort), die Forderung, Demokratie im plebiszitären Sinne auszuweiten, das heißt Demokratieskepsis mit „mehr Demokratie“ zu begegnen.
Im Vortrag wird gezeigt, wieso gerade aus einer radikaldemokratischen Perspektive eine zu starke Fokussierung auf plebiszitäre Elemente ein Irrweg sein kann. Denn der Kern des Demokratischen besteht zwar einerseits darin, gemeinsam etwas neu schaffen zu können. Andererseits aber verlangt gerade die stete Offenheit für den Neubeginn danach, demokratische Institutionen und Entscheidungsverfahren so anzulegen, dass sie eine bestimmte Ordnung nicht vollends fixieren, sondern für konstante Kritik offenbleiben. Plebiszite leisten allerdings genau dies nicht, jedenfalls dann nicht, wenn ihnen, wie es sehr verbreitet ist, zugeschrieben wird, eine Wahrheit über „den“ Volkswillen zum Ausdruck zu bringen. Demokratie, radikal verstanden, heißt vielmehr anzuerkennen, dass es in der Pluralität unserer Gesellschaften nicht die eine politische Wahrheit gibt, und die Institutionenordnung entsprechend zu gestalten.

Dr. Nonhoff ist Professor am Institut für Interkulturelle und Internationale Beziehungen der Universität Bremen.

In der kommenden Ringvorlesung am 24. Januar referiert PD Dr. Andreas Pettenkofer, Universität Erfurt, zum Thema „Abwertende Anerkennung: Vom prekären Erfolg egalitärer Programme“.

Im Wintersemester 2016/2017 veranstalten Fachhochschule und Universität Erfurt eine gemeinsame Ringvorlesung unter dem Thema „Politische Krisen. Herausforderungen“. Die Ringvorlesung wird von der Landeszentrale für politische Bildung, dem Landesbüro Thüringen der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt. Der Eintritt zu den Vorträgen ist frei. Eine Teilnahme ist ausschließlich im Rahmen der vorhandenen Sitzplatzkapazitäten möglich.

Weitere Informationen sind unter www.fh-erfurt.de/ringvorlesung erhältlich.