Nachgefragt: Was dürfen wir von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland erwarten, Herr Haspel?

6. November 2019
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Am kommenden Sonntag beginnt in Dresden die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Bis zum 13. November wollen Kirchenvertreter unter dem Titel „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“ über friedensethische Fragen diskutieren. Weiterhin soll auch über den sozialen Frieden im eigenen Land beraten werden. Warum hat die EKD sich gerade dieses Thema auf die Agenda gesetzt und was dürfen wir im Ergebnis von der Synode erwarten? Das wollte „WortMelder“ von apl. Prof. Dr. Michael Haspel, der Systematische Theologie am Martin-Luther-Institut der Universität Erfurt lehrt, wissen.

„Gerechtigkeit und Frieden sind zentrale Themen christlicher Ethik. Mit einer Denkschrift ‚Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen‘ hat sich die Evangelische Kirche 2007 zu Wort gemeldet und den Vorrang der Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen und den Zusammenhang von Gerechtigkeit und Frieden betont. Inzwischen ist die Welt, wie immer wieder gesagt wird, ‚aus den Fugen geraten‘. Hinsichtlich der Auslandseinsätze der Bundeswehr ist Ernüchterung eingetreten. Durch geostrategisch motivierte Konflikte im Nahen Osten und auch Afrika ist eine neue Situation entstanden. Der vor allem islamistische Terrorismus ist weiter eine Herausforderung. Und das multilaterale System der internationalen Organisationen und des internationalen Rechts hat an Bedeutung verloren. 

Gerade aber die Verrechtlichung der Konfliktbearbeitung und Gerechtigkeit für den globalen Süden sind zentrale Punkte des friedensethischen Konzepts der EKD. Sind sie unter den veränderten Bedingungen noch tragfähig? Was muss unbedingt festgehalten, was muss in der veränderten Situation konzeptionell weiterentwickelt werden? Bringt eine stärke europäische Sicherheitskooperation eine Militarisierung mit sich oder können so präventive und gewaltmindernde Mechanismen etabliert werden?

Es ist mit kontroversen Diskussionen zu rechnen. Denn die einen sehen sich durch die begrenzten Erfolge der Auslandseinsätze und Militärinterventionen in einem pazifistischen Ansatz bestärkt. Andere sehen Deutschland stärker als bisher zusammen mit den europäischen Partnern in der Verantwortung für Frieden und Sicherheit.

‚Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung‘ war das Motto der ökumenischen Versammlungen in der DDR 1988 und 1989. Diese haben wichtige Impulse für die Friedliche Revolution und die politischen Neuordnung nach 1989, bis in Landesverfassungen hinein, gegeben. 30 Jahre später sind diese Themen immer noch – oder wieder – aktuell. 

Die Synode wird so also auch die Frage nach Frieden und Gerechtigkeit im internationalen Kontext mit den Fragen und Problemen im eigenen Land und den Herausforderungen durch Demokratie- und Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus im Zusammenhang diskutieren. Es wird eine spannende Debatte. Und wenn sie gut verläuft, gehen davon vielleicht Impulse für den gesellschaftlichen Diskurs aus.

Im Vorfeld der Synode ist ein Friedenstheologisches Lesebuch zur Vorbereitung für die EKD-Synodalen und alle Interessierten erschienen. Bereits seit drei Jahren wurde ein  Konsultationsprozess ‚Orientierungswissen zum gerechten Frieden‘ an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FESt) durchgeführt, dessen Ergebnisse auch in den Synodenprozess einfließen.“

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Quelle: https://aktuell.uni-erfurt.de/2019/11/06/nachgefragt-synode-ekd-2019/