Vorfreude auf die Esel

Vorfreude auf die Esel

3. Juni 2022
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Erfolgreiches Projekt der Erfurt-Crowd

Esel sind sehr intelligente und ganz besonders neugierige Tiere. In einem natürlichen Lebensraum sind die sensiblen Tiere verspielt und freundlich. Sie gehen enge Bindungen zueinander ein und haben ein hervorragendes Gedächtnis. Die sanftmütigen Tiere sind – anders, als der ihnen vorauseilende Ruf –  nicht stur. Der besondere Charme der Esel war es auch, der Susanne Wille, Susan Groß und Simone Börner zusammen gebracht hat. Die drei sind der Vorstand des Vereins Tierisch GUT interagieren e. V., und bauen im Erfurter Ortsteil Möbisburg Teile eines alten Gutshofs zu einem Begegnungshof für Menschen und Tiere um.

Noch bewohnen nur die Hunde von Susanne Wille – Fine und Paula – den Hof. Für den Einzug von Esel, Huhn, Schaf und Schwein fehlt leider noch der passende Stall. Der erste Schritt für die Finanzierung der Baumaßnahmen ist gemacht. Das Projekt war sehr erfolgreich auf der Erfurt-Crowd, der Sponsoringplattform der Stadtwerke Erfurt. Mehr als die geplanten 3300 € gingen innerhalb von vier Wochen ein und das stimmt die Vorständinnen optimistisch, dass auch der weitaus größere, noch fehlende Teil zusammenkommen wird. Auf dem Hof passiert viel in Eigenleistung. Wer einfach mal vorbei kommt oder zum Tag des offenen Hofes da war, kann sich davon überzeugen. Allein das Beräumen des Stalles hätte 15.000 € gekostet. Das Geld ist an anderer Stelle besser eingesetzt, fanden die drei Frauen. Alles, was man anpacken kann, haben die drei Frauen mit Helfern, Freunden, Familie selbst gemacht. Der Hof gehörte viele Jahre einem Landwirtschaftsbetrieb, war dann Sitz verschiedener Firmen und leider komplett mit alten Reliktenzugestellt. 14 Tage haben die drei mit den Hinterlassenschaften der Vorbesitzer Container befüllt.

Susanne Will, Susan Groß und Simone Börner wollen vor allem Tiere aus dem Tierschutz dort ein Für-immer-Zuhause geben. So werden wir zum Beispiel Hühner über die Initiative Rettet das Huhn und Esel über die Noteselhilfe adoptieren. Ebenso sollen zwei bezaubernde schwarze Schweine aus der konventionellen Schweinemast hier ein schönes Zuhause finden, statt zu einem Schnitzel zu werden. Voraussetzung dafür, dass all diese Ideen realisiert werden können, ist eine solide finanzielle Basis. Aus dem Gespräch mit Susanne Wille, Simone Börner und Susan Groß können potentielle Projektstarter viele gute Tipps mitnehmen:

Tipps für ein erfolgreiches Crowdfunding

Susanne Wille: „Von der Firma, die die Crowdfunding-Plattform betreibt und die Bewerber coacht, haben wir viele Tipps bekommen. Daran haben wir uns ganz gut entlang gehangelt. Die vier Wochen sind sehr schnell um, dann ist es gut, wenn man vorher schon überlegt hat, wie und wo man Interessenten erreicht. Wir kannten die vorherigen Sponsoringprojekte der Stadtwerke wie 20×1000. Auf der Internetseite der Stadtwerke haben wir gesehen, dass es jetzt über Crowd läuft und da haben wir gedacht, wir müssen dabei sein.“

Simone Börner ergänzt: „Den regionalen Bezug fanden wir ganz wichtig. Dass Menschen aus der Region von unserem Vorhaben erfahren haben und uns unterstützen wollten. Es ging uns natürlich auch darum, den Verein vorzustellen und das, was wir vorhaben. Wir haben viel positive Resonanz bekommen, Menschen, die uns bestärkt haben, dass wir weiter machen sollen, dran bleiben. Als junger Verein ist es wichtig, auch diese Bestätigung zu haben.“ Susan Groß fügt hinzu: „Wir haben sehr viel über private Kontakte gemacht. Ich habe gefühlt meinen ganzen Telefonspeicher angeschrieben. Auch richtig persönlich. Das hat zwar viel Arbeit gemacht, aber war anders als über Instagram oder Facebook. Da haben wir nochmal ganz viel Feedback bekommen. Direkte Ansprache, Kontakte, Netzwerke aus unserem beruflichen Background. Vor allem Susanne Willes Kontakte über ihre tiergestützte Arbeit.“

Hier soll eine Begegnungsstätte für Menschen und Tiere entstehen. Noch wartet viel Arbeit auf alle. Foto Steve Bauerschmidt

Susanne Wille arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit ihren Hunden, geht in Kindergärten, Pflegeheime oder Bibliotheken und bildet ähnlich lang schon Therapiebegleithundeteams aus. Aktuell arbeitet sie mit einer Zahnärztin und einer Justizvollzugsbeamtin, die ihre Vierbeiner in der tiergestützten Arbeit einsetzen wollen. Die Zahnärztin hat damit schon ängstliche Patienten behandlungsfähig bekommen. Vier Praxen in Deutschland setzen einen Hund ein.

Mit dem privaten Kauf des Hofes in Möbisburg war für sie nun auch der geeignete Zeitpunkt gekommen, über die Arbeit mit anderen Tierarten nachzudenken. Während der Ausbildung zur tiergestützten Fachkraft gehörten auch andere Tiere dazu. Nun sind für deren Anschaffung auch die räumlichen Voraussetzungen gegeben.

Was kann ein Hund, was kann ein Esel, was ein Mensch nicht kann? Susanne Wille erklärt: „Tiere werten nicht; sie akzeptieren Menschen so, wie sie sind. Sie gehen offen auf uns zu. Das Coaching mit Schafen ist beispielsweise sehr interessant. Schafe brauchen ein Leittier und wenn ein Mensch sich dazu erhebt, ist aber kein wirkliches Leittier, dann spiegeln dies Schafe sehr deutlich.“

Fine und Paula sind die ersten Tiere auf dem Hof. Sie sind Partner bei Susanne Willes tiergestützter Arbeit. Foto: Steve Bauerschmidt

Wie verändert ein solcher Ort unsere Haltung gegenüber Tieren?

„Für viele Menschen sind Tiere nur noch Nutztiere. Wir müssen wieder lernen, miteinander zu leben. Bei Hunden und Katzen ist dieser Wandel vollzogen. Sie haben heute einen ganz anderen Nutzen als früher Hofhunde oder Hofkatzen. Sie sind Sozialpartner und natürlich werden sie auch da oft nach ihrem Nutzen bewertet. Erfüllen sie diesen nicht, landen sie im Tierheim, wenn der Hund z. B. nicht der gewünschte Spielgefährte der Kinder ist“, davon ist Susanne Wille überzeugt und möchte mit ihrer Arbeit für eine andere Philosophie werben.

Noch Vision, vielleicht bald Realität

Wer auf den Hof kommt, kann aus verschiedenen Angeboten wählen. Favorit der drei Frauen ist die Eselwanderung. Möglich wäre beispielsweise eine geführte Wanderung in der idyllischen Umgebung von Möbisburg. Die Wandernden erfahren dabei interessante Dinge über die Langohren: welche Vorlieben sie haben und wie man sie lesen lernt. Die drei Frauen stellen sich auch vor, pädagogische Angebote mit Tieren umzusetzen, z.B. für Schulklassen hier einen Begegnungsort anzubieten. Außerdem Coachings oder Trainings unter dem „großen Dach der tiergestützten Arbeit“.

Alle Leute, die sich für Kontakte mit Tieren interessieren, sind herzlich willkommen.

Susanne Wille fasst die Idee zusammen: „Wir wünschen uns, dass sich eine Gemeinschaft entwickelt, Verantwortung übernimmt, das Miteinander genießt. Ein junger Verein hat ja auch immer die Chance mitzugestalten. Wir sind noch eine kleine engagierte Gruppe, haben nach und nach Anfragen von Leuten, die mitmachen wollen und Lust darauf haben. Wir wollen ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt und sein kann, wie man ist. In diesem Jahr haben wir den Hof zum ersten Mal geöffnet (Tag des offenen Hofes war am 18.06.2022) und zeigten, was wir erreichen wollen. Nächstes Jahr gibt es definitiv ein Hoffest. Die Esel kommen, wenn der Stall fertig und die Scheune renoviert ist.“

An dieser Stelle informieren wir gern regelmäßig zum aktuellen Stand.

Die Scheune ist geräumt. Ein erster Lichtblick für das Team. Foto Steve Bauerschmidt

Mehr zum Verein: https://www.tierisch-gut-interagieren.de/


Neugierig geworden? Zum vollständigen Beitrag geht es hier: https://swefuererfurt.de