Wer sein Kreuz bei der LINKEN macht….

9. Oktober 2019
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Auch die Universität Erfurt unterstützt die Demokratie-Offensive des Thüringer Landtags anlässlich der Landtagswahlen am 27. Oktober. Dazu liefert „WortMelder“ im Vorfeld eine kleine Serie mit Beiträgen des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. André Brodocz. In Folge zwei geht es um die Frage: Welchen Effekt hat es, wenn ich mein Kreuz bei der LINKEN mache?

Prof. Dr. André Brodocz
Prof. Dr. André Brodocz

Wer sein Kreuz bei der LINKEN
macht, verhilft damit auch den von ihr vertretenen Meinungen und Werten im
Landtag zur Sprache. Die LINKE will u.a. „ein Thüringen, in dem der soziale
Zusammenhalt stark ist, in dem es gerecht zugeht, in dem die Menschen sich
sicher fühlen“ (Wahlprogramm, S. 9). Wer sein Kreuz bei der LINKEN macht,
überträgt seine Stimme den Kandidatinnen und Kandidaten ihrer Landesliste,
insbesondere den oben platzierten Bodo Ramelow, Susanne Hennig-Wellsow und
Heike Werner, um damit in ihrem Namen über Gesetzvorschläge im Landtag
abzustimmen.

Zurzeit bildet die LINKE eine Regierungskoalition mit der SPD und den Grünen. Koalitionen mit der CDU und AfD werden von der LINKEN und/oder den beiden anderen Parteien ausgeschlossen. Wer sein Kreuz bei der LINKEN macht, kann sicher damit rechnen, dass dies nur die Aussichten für eine rot-rot-grüne Koalition erhöht. Ebenso sicher ist, dass Regierungsbeteiligungen der CDU und AfD dadurch weniger wahrscheinlich werden. Auf den ersten Blick scheint es so, als ob sich die Effekte aus einer Wahl der LINKEN sehr sicher abschätzen lassen.

Auf den zweiten Blick sieht das anders aus: Eine Mehrheit für die amtierende Koalition ist nämlich unsicher. Zusammen erreichen die drei Parteien der Regierungskoalition voraussichtlich weniger als 50% der Stimmen: Nach den jüngsten Umfragen wollen ca. 25 bis 28% die LINKE wählen, während für die SPD ca. 7 bis 8% und für die Grünen ca. 8 bis 11% der Wahlberechtigten stimmen wollen. Eine Regierung ohne die LINKE kann nur aus einer Vierer-Koalition von CDU, SPD, Grüne und FDP gebildet werden. Da sich für CDU ca. 21 bis 22% und die FDP ca. 5% der Wählerinnen und Wähler entscheiden wollen, ist aber auch eine Mehrheit für diese Vierer-Koalition unsicher. Wer die LINKE wählt, verringert deshalb immer auch die Chancen für diese Koalition.

Der letzte Effekt stellt vor
allem Wählerinnen und Wähler vor ein Problem, die sich durch die LINKE gut
repräsentiert sehen und deren Regierungsbeteiligung wünschen, denen aber
zugleich stabile Verhältnisse in Thüringen wichtig sind, also eine klare
Mehrheit für eine Regierungskoalition im Landtag. Wenn es nämlich nicht für die
Fortsetzung der amtierenden Koalition reicht, dann bewirkt ihr Kreuz bei der
LINKEN zugleich, dass auch die Aussichten auf eine andere stabile Mehrheit
schlechter werden und womöglich sogar keine klare Mehrheit im Thüringer Landtag
für wenigstens eine der beiden derzeit möglichen Regierungskoalitionen
entsteht. In einer derart unsicheren Situation ist es nicht ausgeschlossen,
dass Koalitionen und tolerierte Minderheitsregierungen auf die öffentliche
Agenda kommen, die derzeit nicht erwogen oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen
werden.

Wer sein Kreuz bei der LINKEN macht, muss also mit einem von zwei Effekten rechnen: Er darf hoffen, dass es durch seine Wahl zur einer Fortsetzung der amtierenden Koalition reicht; reicht es dazu aber nicht, dann nimmt er inkauf, dass es auch durch sein Kreuz sehr schwierig werden wird, eine stabile politische Mehrheit im Landtag zu bilden.

Lesen Sie dazu am Freitag in unserer nächsten Folge, welche Effekte es haben kann, wenn Sie Ihr Kreuz bei der CDU machen.

Folge 1: Ein Kreuz – viele Effekte

Der Beitrag Wer sein Kreuz bei der LINKEN macht…. erschien zuerst auf WortMelder.

Quelle: https://aktuell.uni-erfurt.de/2019/10/09/wer-sein-kreuz-bei-der-linken-macht/