Workshop: Jüdisch-religiöse Praktiken im Spiegel von Genisaquellen

4. März 2019
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„Vom mittelalterlichen Kairo bis ins neuzeitliche Veitshöchheim. Jüdisch-religiöse Praktiken im Spiegel von Genisaquellen“, ist der Titel eines interdisziplinären Workshops, der vom 25. bis 27. März 2019 in Bamberg und Erfurt stattfindet. Er ist eine Kooperationsveranstaltung des Europäischen Zentrums für Jüdische Musik mit dem Research Center „Dynamik ritueller Praktiken im Judentum in pluralistischen Kontexten von der Antike bis zur Gegenwart“ am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, der Professur für Judaistik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Vereinigung für Jüdische Studien e. V. Die Veranstaltung wird von der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert.

Der hebräische Begriff Genisa beschreibt einen Ablageort für nicht mehr nutzbare jüdisch-religiöse Literatur und Kultgegenstände. Die Einrichtung einer Genisa war traditionelle Praxis vieler jüdischer Gemeinden. Der international wohl bekannteste Fund dieser Art stellt die Kairoer Genisa dar: Ende des 19. Jahrhunderts wurden bei Renovierungsarbeiten der Ben-Esra-Synagoge in der ägyptischen Hauptstadt nahezu 200.000 Schriftfragmente entdeckt, die auf einen Zeitraum vom Jahr 800 bis ins 19. Jahrhundert datieren. Die Materialien prägen das Bild vom jüdischen Mittelalter und von der Kulturgeschichte des Mittelmeerraumes bis in die heutige Zeit.

Im deutschsprachigen Raum wurden insbesondere in Süd- und Mitteldeutschland Genisot (Plural von Genisa) in ehemaligen Synagogen gehoben. Im Vergleich zum Kairoer Bestand ist der Umfang der deutschen Genisot überschaubarer. Der Wert der Genisot als Quelle aus originär jüdischer Hand kann sowohl für die Untersuchung der Frage nach Kontinuität und Wandel in jüdisch-rituellen Praktiken, die im Mittelpunkt des anvisierten Workshops steht, als auch für die Erforschung weiterer Teilbereiche der jüdischen Kulturgeschichte gar nicht hoch genug geschätzt werden.

Im Workshop „Vom mittelalterlichen Kairo bis ins neuzeitliche Veitshöchheim. Jüdisch-religiöse Praktiken im Spiegel von Genisaquellen“ sollen nun mittelalterliche Kairoer Genisamaterialien und neuzeitliche europäische Genisaquellen nebeneinandergestellt. Doch diese räumlich und zeitlich so unterschiedlichen Ablagen ähneln sich nicht zuletzt in den Fragen der Arbeitsmethoden und Problemstellungen: Wie lässt sich das Material entziffern? Wie geht man mit Fragmenten um, die lediglich wenige Zeilen oder gar nur wenige Wörter enthalten? Wie lassen sich diesen Fragmenten die für die Forschung so wichtigen Informationen abgewinnen? Was muss beachtet werden und was sind die Grenzen der Forschung? Auch auf inhaltlicher Ebene verspricht die Zusammenführung beider Quellenkorpora neue Erkenntnisgewinne: Welche Rückschlüsse auf die rituellen Eigenheiten einer Gemeinde können aus den Funden gezogen werden? Wie helfen die Quellen, einen Einblick in die Religionsausübung einzelner jüdischer Gemeinden zu bekommen?

Der Workshop wird elf Vertreter verschiedener Disziplinen der Judaistik/Jüdische Studien (u. a. Religionsgeschichte, Musik, Liturgie, Theologie, Geschichte, Bauforschung) dazu anregen, Fragen nach jüdisch-religiösen Praktiken im Spiegel von Genisaquellen kollegial zu erörtern. Am Genisaprojekt Veitshöchheim werden die Teilnehmenden mit dem dort verfügbaren heterogenen Bestand an Originalquellen arbeiten. Im öffentlichen Teil des Workshops (am 25. März 2019 in Bamberg und am 27. März 2019 in Erfurt) werden Kurzvorträge zu einzelnen Forschungsgebieten gehalten. Die Keynote-Lecture hält Isidoro Abramowicz, Leiter der jüdischen Kantorenausbildung am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam.

Um Anmeldung bis zum 23. März 2019 wird gebeten:

Weitere Informationen / Kontakt:
Rebecca Sebbagh
E-Mail: rebecca.sebbagh@uni-erfurt.de

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Quelle: https://aktuell.uni-erfurt.de/2019/03/04/workshop-juedisch-religioese-praktiken-im-spiegel-von-genisaquellen/