Neue Combinos für Erfurt durch Landesprogramm zur Förderung des ÖPNV

9. März 2012
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Gemeinsam mit den Stadtwerken Nordhausen hat die EVAG 14 moderne Niederflurstraßenbahnen  beschafft, davon 12 für Erfurt. Eine vom Land Thüringen mit  20 Mio. Euro geförderte Investition von insgesamt 28,8 Mio. Euro in einen barrierearmen Nahverkehr ist damit fast komplett abgeschlossen. Thüringen hat für 2012 wie in jedem Jahr ein Landesprogramm zur Förderung von Investitionen im öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat aufgelegt, auch Jena, Gera sowie andere Städte und Landkreise kommen in den Genuss der finanziellen Unterstützung.  Für den Freistaat ist der ÖPNV-Ausbau ein wichtiger Schritt, um den Nahverkehr als moderne, attraktive Alternative zum Individualverkehr qualitativ und quantitativ weiter auszubauen und eine bedarfsgerechte  Mobilität der Bevölkerung zu gewährleisten.

 

Ein barrierearmer Nahverkehr ist Voraussetzung dafür, dass Menschen mit Behinderungen mit weniger Einschränkungen am öffentlichen Leben teilnehmen können. Erfurt ist in den vergangenen Jahren einen großen Schritt voran gekommen. „88 Prozent der regelmäßig bedienten Stadtbahn-Haltestellen sowie 50 Prozent der regelmäßig bedienten Stadt- und Regionalbushaltestellen in Erfurt sind barrierearm gestaltet. 89 Prozent der Stadtbahnen sowie 94 Prozent Busse sind bereits behindertengerecht. Seit kurzem sind fünf weitere neue Busse der Marke Mercedes Benz bei der EVAG mit niederflurigen Einstiegen im Einsatz und im August 2011 ging die erste sprechende Bahn in den Liniendienst“, informierte EVAG-Vorstand Myriam Berg zur gegenwärtigen Situation des Erfurter Nahverkehrs

Seit dem Einsatz der ersten Niederflurbahnen im Jahre 1994 hat sich auch in Erfurt viel verändert. Neben 16 Niederflurfahrzeugen vom Typ MGT6D des Herstellers DUEWAG gehören 48 Bahnen des Herstellers Siemens vom Typ Combino zum modernen und leistungsfähigen Fahrzeugpark des Erfurter Nahverkehrs-unternehmens. Ein Teil der Niederflurbahnen wurde nach mehrjährigen, umfänglichen Linieneinsätzen bereits modernisiert und kann so auch weiterhin zuverlässig seinen Dienst in der Landeshauptstadt versehen.

Die EVAG bestellte Anfang 2009 zwölf weitere dreiteilige Combino “Classic”  beim Hersteller Siemens. Die ersten Fahrzeuge kamen 2011. Das Combino-Modell, das auch in Erfurts Stadtbahnnetz eingesetzt ist, wurde ursprünglich für Bern entwickelt und erhielt 2011 einen der begehrtesten Designpreise weltweit, den Reddot award. Der Combino XL wurde von Designer Werner Paulussen exakt für den Einsatzort Bern entwickelt und hat sich auch für Erfurt hinsichtlich des Liniennetzes, der Streckentopografie und des Fahrgastaufkommens als geeignet erwiesen. Das Design ist ein wichtiger Faktor für die Kundenzufriedenheit. Eine Straßenbahn ist ein kultureller Faktor in einer Stadt, das Design muss zur jeweiligen Stadt passen.

Neues Mobilitätszeitalter beginnt

„Mit der Indienststellung der modernen Combinos mit den Fahrzeugnummern 713 – 724 endet das Zeitalter der TATRA-Bahnen in Erfurt. Die Gelenkwagen des Prager Herstellers prägten von 1976 bis 1994 das Bild der Erfurter Straßenbahn“, sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein anlässlich der Umstellung. „Die neuen Bahnen kommen Senioren ebenso entgegen wie Müttern mit Kinderwagen. Jetzt gilt es, noch mehr Haltstellen entsprechend umzubauen. Im Rahmen der anstehenden Umgestaltung des Fischmarktes, werden wir auch die gleichnamige Haltestelle barrierefrei gestalten.“

Auf Wunsch von Straßenbahnbetrieben aus der DDR entwickelten die tschechischen Straßenbahnbauer Anfang der 70er Jahre zwei Prototypen mit der Bezeichnung KT4D. Diese waren für komplizierte Strecken und Höhenverhältnisse in kleinen und mittleren Städten bestimmt. 1976 begann die Serienproduktion dieser Wagen, die mit Ausnahme von Berlin nur an kleinere Betriebe der DDR geliefert wurden. In Erfurt und kurzzeitig in Cottbus wurden und werden sie sogar im Dreiwagenzug, der die respektable Länge von 57 m aufweist, eingesetzt. 156 Fahrzeuge vom Typ KT4D waren seit 1976 in Erfurt im Einsatz, die letzten Wagen aus tschechischer Produktion wurden 1990 geliefert. Um  die Zweckmäßigkeit der Fahrzeuge zu erhöhen, hatte 1981 eine Heck-an-Heck-Traktion Premiere, damit konnten Gleisbauabschnitte ohne Wendeschleife  von den Einrichtungsfahrzeugen im Pendelverkehr befahren werden. Dieses Ziel hatte auch der Umbau zweier Fahrzeuge zu Zweirichtungstriebwagen, die allerdings nur auf einer Seite Türen hatten.

Weitere Umbauten ab 1990 im Rahmen des TATRA-Modernisierungsprogrammes dienten vor allem einer besseren Beleuchtung und Wärmeisolation, einer größeren Sitzplatzzahl und ermöglichten mehr Fahrkomfort für die Fahrgäste durch Austausch der Plasteschalen gegen Stoffsitze. Ein Problem war allerdings nicht zu beseitigen, der hohe Einstieg mit Treppen, der vor allem für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste und junge Eltern mit Kinderwagen beschwerlich war. Damit war abzusehen, dass mit dem Siegeszug der Niederflurfahrzeuge die Zeit der TATRA-Bahnen begrenzt sein würde. 36 Jahre nach ihrem ersten Linieneinsatz verschwinden die tschechischen Bahnen nun aus Erfurts Stadtbild und machen Platz für eine Fahrzeuggeneration, die sich seit 1994 im Erfurter Nahverkehr fest etabliert hat und natürlich für neue Verkehrskonzepte, auf die SWE-Geschäftsführer Peter Zaiß in seinen Ausführungen verwies: „Die Stadtwerke Erfurt arbeiten an der künftigen Umsetzung intelligenter Mobilitätsketten, an der stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien durch den Ausbau der Elektromobilität. Bestes Beispiel dafür ist die Erfurter Stadtbahn. Sie ist seit längerem mit dem Strom aus Erneuerbaren Energien – 100 % Naturstrom –  unterwegs. Solche Nahverkehrskonzepte, die durch individuelle Lösungen im Bereich Elektromobilität ergänzt werden, sind unsere mobile Zukunft.“